Erinnerungen E. Friesikes

Erhard Friesike wurde im Kriegsjahr 1941 geboren und wuchs im Haveldorf Strodehne, auf dem elterlichen Bauernhof, auf. Politische Nachkriegsereignisse führten ihn in die Kurpfalz, in der er bis heute fest verwurzelt ist.

Kindheitserinnerungen führen ihn immer wieder an die Havel.

 

1     Erhard Friesike – So fing es mit mir an

2     Der Verpflegungstransport

3    Der Erntewagen

3.1  Hund und Kaz‘

3.2  Kriegsmunition in der Havel

4     Flucht aus der DDR

5.1  Fluchtaufenthalt in Westberlin

6     Strodehner Havelfähren

7     Heinz Mahrenholtz

8     Die Brücke

9     Kriegzeit und Kriegende

11   Theodor Gericke (Vater von Hansi Gericke, der heute in Schwerin lebt)

12   Hochwasser in Strodehne  in der Nachkriegszeit

14   Kartoffelkäfer

15   Erinnerung an Albert Michaeel

16   Prominenz in Strodehne

18  Schwarzschlachtung

19   Bericht über Brigade

20   Elektrotechnik auf dem Bauernhof um 1950

21   Der Tresor


 

So fing es mit mir an

Am 13. Juli des Jahres 1941 n. Christus, es war ein Sonntag, erblickte ich, so gegen fünf Uhr morgens, das Licht der Welt. Zur Vermeidung von Komplikationen hatte meine Mutter das Krankenhaus in der Kreisstadt Rathenow, das liegt an der Havel in der Mark Brandenburg, aufgesucht. Es soll ein schöner Sommertag gewesen sein. Mein, zwei Jahre älterer, Bruder Wilfried kam zu Hause, in Strodehne, das liegt auch an der Havel, auf die Welt. Als ich dann laufen und sprechen konnte, kam eine ältere, allein lebende, ältere Dorfbewohnerin, mit Kopftuch, man nannte sie Tante Kellermann, häufig zu uns und half ab und zu auf dem Hof oder im Garten, oder kümmerte sich um die Kinder. So wurde auch ich ihr anvertraut. Sie setzte mich in einen kleinen Handwagen und zuckelte mit mir los. Es ging durchs ganze Dorf. Dabei konnten Besorgungen erledigt werden und an jeder Straßenecke traf man jemanden um ein kleines Schwätzchen zu halten. Auf Strodehner Platt wurde gedröhnt. Wenn dann der Handwagen  still stand, wurde es mir oft zu langweilig und ich rief: „Kellermann zieh“ !  „Kellermann zieh“ ! Das bedeutete, sie solle weitergehen; denn es gefiel mir nur, wenn sich mein Fahrzeug auch vorwärts bewegte. Nachdem das ganze Dorf abgefahren war, die Besorgungen erledigt waren, ging es wieder ins Kleindorf, nach Hause. Kleindorf nannte man die Straße bzw. den Bereich in dem wir lebten. Ich wurde abgegeben, die Mutter freute sich, mal ein paar Stunden ungestört arbeiten zu können, ohne gleich Sorge zu bekommen, ob ich im Hof vielleicht in ein Jaucheloch falle oder im Stall zu vorwitzig Kontakt mit den Tieren aufnehme. Sie fragte: „ Na war er auch brav ?“  Worauf Tante Kellermann sagte: „Er war sehr brav, das sei für ihn auch nicht immer gut, denn es heißt ja – die braven Kinder fordern sich nichts und bekommen deshalb auch nichts“ !
So ist es ja auch, die unartigen Kinder wollen immer alles haben und in den meisten Fällen bekommen sie es auch, nur damit man seine liebe Ruhe hat. So ist es wohl im ganzen Leben.

ErhardFriesike1943

ErhardFriesike1943

Mein Bruder Wilfried, Jahrgang 1939, also zwei Jahre älter als ich,  hatte aus Bequemlichkeitsgründen Probleme mit dem sprechen lernen. Ich wiederum plapperte recht früh los. Wenn wir beide als kleine Kinder irgendwo hin kamen und der Wilfried wurde gefragt wie alt er sei, zeigte er mit dem Finger auf mich und sagte kurz, frag den. Und ich gab dann freudig Antwort , wie alt er ist. Genau so war es dann später mit seinem Geburtstagsdatum. Er gab sich einfach keine Mühe.
Als ich als Baby mit Griesbrei gefüttert wurde, stand der Wilfried immer daneben und wartete, bis ich endlich fertig war, damit er den Rest bekam. Wenn er dabei ungeduldig wurde, kam dann manchmal : iss denn der noch nich bald satt.
Gleich nach dem zweiten Weltkrieg war der Dorfkindergarten im Pfarrhaus untergebracht. Man wollte, dass auch ich dort hingehe. Als man eines Tages am Nachmittag mit dem Fuhrwerk ins Binnenfeld fuhr, wurde ich im Pfarrhaus abgegeben. Vielleicht dauerte es eine Stunde, da zog es mich wieder nach Hause. Der Opa, Erich Friesike sen. war zu Hause und fragte mich, warum ich denn schon wieder nach Hause komme. Da antwortete ich mit etwas heulender Stimme, die haben im Kindergarten so laut gesungen, das ich Bauchschmerzen bekommen hätte. Da der Opa, wegen eines steifen Knies mit dem Stock laufen musste, war er immer zu Hause. Weil ich dann einfach nicht in den Kindergarten wollte, sagte er, Wenn er nicht will, dann braucht er auch nicht. Und so wich ich nie von seiner Seite. Bei allem was er in Hof und Garten tat, war ich immer bei ihm. Und der Hütehund Lux war ebenfalls immer dabei. Der Lux war mit seinen kurzen, krummen Beinen eine kräftige Mischung, in der wohl ein Dackel beteiligt war. Er war ein ausgezeichneter Kuh-Hütehund. Wenn sich eine Kuh etwas von der Herde entfernte, brauchte man nur ein Wort von sich geben. Er sauste hin und zwickte die Kuh von hinten kurz über dem Huf in den Fuß, ohne sie zu verletzen. Das wussten die Kühe und eilten oft von selbst zur Herde, wenn sie den Lux kommen sahen.

ErhardWilfriedFriesike1945

Erhard Friesike heute Wie man sich doch verändern kann. Von der Frisur ist leider nichts mehr geblieben

Erhard Friesike heute
Wie man sich doch verändern kann. Von der Frisur ist leider nichts mehr geblieben


Verpflegungstransport

von Erhard Friesike, Januar 2012

Im Spätsommer des Jahres 1952, der Wetterbericht wurde abends abgehört, dann wurde beschlossen auf dem Ackerstück „Werder“ werden morgen Kartoffeln geerntet. Der Vater fuhr mit zwei Pferden, die einen einfachen Kartoffelroder zogen, die Ackerfurchen hinauf und hinunter. Dabei wurde mit einem Pflugschar die Kartoffelreihe mit Erde aus dem Boden gehoben und ein mitlaufendes Zinkenschaufelrad,  mit langen Zinken, warf  Erde und Kartoffeln maximal einen Meter weit zur Seite, so dass die Kartoffeln sichtbar auf dem Boden lagen.

Zum Einsammeln der begehrten Wurzelknollen hatte man 10 – 12 Frauen aus dem Dorf organisiert, die jeweils mit einem Henkelkorb hinterher liefen und das Erntegut einsammelten. Die gefüllten Körbe wurden dann auf die Ladefläche eines bereitgestellten Erntewagens geschüttet. Am Abend fuhr dann der Vater mit dem beladenen Wagen nach Hause. Die Sammelrotte durfte oben aufsitzen und konnte mit ins Dorf zurückfahren. Zu Hause angekommen wurde die Fuhre mit einer speziellen Kartoffelgabel, deren Zinken an den Spitzen mit angeschweißten Kugeln versehen waren, über eine angelegte Rutsche, durch das Kellerfenster in den Keller, entladen. In der Mittagspause mussten nun die fleißigen Helferinnen mit warmem Essen versorgt werden. Dafür blieb die Mutter zu Hause, versorgte den Hof und die Kinder und kochte das Mittagessen. Es gab Gemüseeintopf mit Fleischeinlage.
Das fertige Essen wurde in eine 20-Liter große Milchkanne gefüllt, in eine Decke gehüllt und auf einen kleinen Einspänner – Versorgungswagen geladen. Ein großer Korb mit Tellern und Tassen sowie Besteck, und eine 10 – Liter – Milchkanne mit Kaffee, kam dazu. In einem weiteren Korb waren Stullen für das Vesper am Nachmittag. Ein Pferd wurde vor den Wagen gespannt. Weil ich, der Erhard, die so genannten Kartoffelferien hatte, war ich mit meinen 11 Jahren eingeteilt, die Verpflegungsfuhre auf´s Feld hinauszufahren. Dazu musste ich, mit dem Fuhrwerk,  das ganze Dorf durchqueren um hinaus auf die entsprechenden Felder zu gelangen. Der Hinweg klappte einwandfrei. Das Pferd lief gut. Die Kartoffelrotte konnte gut und pünktlich versorgt werden.
Nach der Mittagspause auf dem Feld wurde das Leergut und Geschirr wieder auf meinen Wagen geladen, so dass ich wieder nach Hause fahren konnte. Mein Fahrweg führte an unserer Schule und Kirche vorbei. In der Schule befand sich gerade irgend ein Politbonze aus der Kreisstadt zu einem Dienstbesuch.
Ausgerechnet, als ich an seinem Auto vorbei fuhr, ließ dieser Wichtigtuer, für seine Rückfahrt, den Motor an. Autos im Dorf waren eine Seltenheit. Die Pferde kannten so etwas nicht und scheuten beim Motorgeräusch sehr. So ging es auch meinem Pferd, es war übrigens eine dunkelbraune Warmblutstute namens Apfelblüte.
Das Pferd erschrak und raste mit mir, als Kutscher, und dem Wagen im Galopp in Richtung unseres Hofes. Meine Kraft war noch zu gering, um die Zügel straff zu ziehen und das Pferd „abzubremsen“. So donnerten wir mit dem Fuhrwerk über das Kopfsteinpflaster nach Hause. Zur Erschwernis mussten wir um zwei rechtwinklige Kurven. An der ersten Kurve hatten die DDR-Kommunisten eine zwei auf zwei Meter große, weiße Propaganda-Tafel aufgestellt, die in die Fahrspur hineinragte. Auf der Tafel stand: Wir kämpfen für Freiheit und Frieden. Ein Frevel, wenn wir sie umreißen würden. Gesslers Hut auf der Stange, im Tell, war gar nichts dagegen. Mir gingen die schlimmsten Folgen blitzartig durch den Kopf. Mit großer Mühe schaffte ich es unser Fuhrwerk schadlos an der Holztafel vorbei zu steuern. Der Wagen hatte soviel Schwung drauf, dass er am Ende der Kurve gegen eine Mauer schleuderte. Die nächste Kurve schafften wir auch mit Mühe, streiften noch einen Holzmast, an dem Telefonleitungen hingen, rissen ihm mit einem Achsende, noch eine tiefe Kerbe hinein und jagten mit hohem Tempo die Dorfstraße ins Kleindorf, entlang.
Während der schnellen Fahrt, auf dem holprigen Pflaster, fiel die leere Essenskanne um und rollte vom Wagen. Zum Glück blieb der Korb mit den Tellern auf dem Fahrzeug. So ging es dann ins Kleindorf und kerzengerade, in unseren Hof. Der Schwung war noch so groß, dass das Pferd direkt gegen den, fast zwei Meter hohen Misthaufen, lief. Die Scherstangen bohrten sich mit den Spitzen noch ein wenig in den Mist. Nun war die Versorgungsfahrt zu Ende. Mutter und Opa kamen und fragten, ob alles gut geklappt hätte, na ja. Als die Mutter fragte, wo denn die leere Essenskanne sei, fiel es mir erst auf, dass ich sie verloren hatte. Ich lief dann den Weg zurück und fand die Kanne am Straßenrand liegen. Sie hatte ein paar zusätzliche Beulen bekommen.
Als abends der Vater nach Hause kam, schmunzelte er etwas und sagte: Du musst halt noch kräftig essen, damit du stark wirst und die Zügel fester halten kannst.

ErhardtundEvaDas Pferd, mit dem ich dort hin fuhr, war die Mutter des Pferdes, das ich hier halte. Es war eine sehr lebhafte Warmblutstute mit Zuchtpapieren und hieß Apfelblüte. Das Bild ist von 1952. Das junge Pferd hieß Eva.

 

 


Der Erntewagen

Es war im Sommer 1952, mein Bruder Wilfried war 13 Jahre alt.
Das Korn auf den Seestücken war gemäht, in Stiegen zum Trocknen aufgestellt und musste nun nach Hause in die Scheune gebracht werden.
Dort wurde es eingelagert und zu passender Zeit, mit der fest eingebauten Dreschmaschine, ausgedroschen.
Der Transport erfolgte mit einem Pferdegespann und einem Leiterwagen.
War der Wagen beladen, fuhr der Wilfried mit der Fuhre ins Dorf, zu uns ins Kleindorf. Dort warteten Helfer zur Entladung. Danach ging es mit leerem Wagen wieder zu den Seestücken.
In der Zwischenzeit wurde ein zweiter Leiterwagen, der mit nur einem Pferd bespannt war, auf dem Feld beladen. Der Vater gab mit der Heugabel die Garben auf den Wagen, während Martha Paproth – eine Gelegenheitshelferin – die Fuhre, möglichst hoch, lud.
Ich selbst war eingeteilt mit der Harke aus Holz, die Resthalme, die beim Laden runter fielen, zusammen zu harken. Wurde die letzte Garbe eines Stieges hochgenommen, flitzten immer ein paar Feldmäuse, die sich unter den futterreichen Stiegen eingefunden hatten, davon. Meine weitere Aufgabe bestand nun, mit der Rückseite der Harke, möglichst viele der Mäuse zu erschlagen.
Ich zählte dann mein Jagdergebnis mit und kam am Abend nicht selten auf Stückzahlen von über hundert.
Es war wohl um die Mittagszeit, der Wagen auf dem Feld  war beladen und man wartete auf den Wilfried, der mit dem leeren Wagen vom Dorf her kommen musste.
Er kam nicht. Schon etwas ungeduldig stieg man auf den Binnendeich und schaute Richtung Dorf, um zu sehen, ob er unterwegs war. Plötzlich erkannte man aus der Ferne eine Staubwolke und ein Gespann, das über die welligen Rinshavel-Wiesen galoppierte. Eifrig rannten wir dem Dorf zu und mussten erkennen, dass dem Wilfried die Pferde durchgegangen waren. Wie konnte es geschehen?
War der Fahrweg etwas wellig, kam es vor, dass der Wagen etwas schneller rollte als die Pferde liefen. Dabei hingen dann die Zugriemen etwas durch.
In diesem Fall war ein Pferd mit einem Hinterbein über den durchhängenden Zugriemen getreten, so dass sich der Riemen zwischen den Hinterbeinen befand. Das Fuhrwerk wurde angehalten, der Wilfried stieg vom Wagen, löste den Zugriemen, der sich zwischen den Hinterbeinen befand, um ihn außerhalb wieder einzuhängen. Dabei berührte er den Oberschenkel des Pferdes von innen,  das Pferd erschrak und drehte sich nach außen. Über diese Handlung erschrak auch das zweite Pferd, zog an und beide liefen mit dem Wagen davon, vom Weg ab und im Galopp über die Wiesen.
Durch einen Sprung zur Seite, konnte der Wilfried verhindern, dass er unter das Wagenrad kam. Während der Tour über die Wiesen, löste sich der Wagen in Einzelteile auf, so dass die Pferde nur noch den Vorderwagen mit Deichsel hinterher zogen. Dabei hatten sie ihre Fluchtrichtung geändert und rannten dem Dorf zu.
Der Willi Kuphal, der im zweitletzten Haus auf dem Deich wohnte, hatte die Situation zufällig beobachtet und konnte die Pferde zum Stillstand bringen.
Inzwischen waren wir, von den Seestücken kommend, dort angekommen und sahen das Malheur. Mit den beiden Pferden wurde dann der andere, beladene Wagen vom Feld geholt und danach, mit leerem Wagen die Einzelteile des Unglückswagens, die zerstreut auf den Wiesen lagen, eingesammelt.
Ein Stellmacher und der Dorfschmied Richard Rösicke, Vater von Harry Rösicke, bauten den Wagen dann wieder zusammen.

3erGespann

Dreigespann mit Erich Friesike jun.

 

 

 

 

 

 

 


Hund und Kaz‘

Auf unserem Hof lebten in der Regel zwei Hunde und zwei Katzen. Es gab einen Deutschen Schäferhund er hieß Prinz und stammte aus einem Wurf des Seefischers Hermann Schröder vom Galberg. Weil der Prinz mit allem, was fremd auf dem Hof erschien, sehr rau umging, musste er werktags, den Tag über, an der Kette bei seiner Hütte verbringen.

Als dann abends das Hoftor geschlossen wurde, durfte er die Nacht ohne Kette verbringen. Dabei kam es vor, dass er gelegentlich den Hof durch das hintere Tor, zur Havel gerichtet, verlassen konnte. Weil irgendjemand die Tür nur angelehnt hatte, so dass er die Gelegenheit nutzen konnte. Wenn er dann im Dorf oder Feld unterwegs war, war es harmlos, ihm zu begegnen.

Seine Bewachungsfähigkeiten nutzte er nur zu Hause im Hof. Als Hütehund für das Vieh, hauptsächlich Kühe, war er, wegen seinem rauen Umgang, nicht geeignet. Als Hütehund wurde der bereits erwähnte zweite Hund im Hof, er hieß Lux, eingesetzt. Es war eine kleine Mischlingshündin, mit kräftigen etwas krummen Dackelbeinen und einem Ringelschwanz. Ideal erzogen für die Viehbewachung auf der Weide. Wenn sich ein paar Kühe von der Herde entfernten, genügte nur ein kurzes Kommando und schon trieb er die „Abkömmlinge“  wieder zur Herde.

Wenn sich die Abweichler durch sein Erscheinen nicht bewegen wollten, zwickte er sie vorsichtig in die Fesseln, ohne sie zu verletzten. Das funktionierte dann. Dabei war er schon sehr darauf gefasst, dass die Tiere nach hinten austreten konnten um ihn zu treffen. Blitzschnell reagierte er dann mit Zurückhaltung. Weil man für eine Kastration kein Geld ausgeben wollte, kam es immer wieder vor, dass die Hündin trächtig wurde. Von den 5-6 Jungen wurden ihr 1 – 2 Stück belassen. Die weiteren wurden getötet. Der belassene Nachwuchs wurde dann im Dorf oder Nachbardorf verschenkt.

Um die 1 – 2 Katzen, die gehalten wurden, kümmerte man sich, außer der Futtergabe, recht wenig. Sie hielten sich in der Scheune oder in den Ställen, sowie in der näheren Gehöftumgebung, ob Garten oder Wiese, auf. Wenn diese Tiere alt oder krank wurden, gab es leider kein Gnadenbrot, sondern man sorgte dann für ein rasches Lebensende. In solchen Fällen Tierarztkosten zu verursachen, wäre absurd gewesen. Es war genug, wenn man den Tierarzt für das Großvieh hinzu ziehen musste.


Kriegsmunition in der Havel

Im Rahmen der Kriegskapitulation des 2. Weltkrieges im Mai 1945, hatten sich deutsche Soldaten, vor der Ergebung, ihrer mitgeführten Waffen, durch Versenkung in der Havel bei Strodehne, entledigt. Die Kampfmittel sollten den Siegern nicht in die Hände fallen. In den ersten Nachkriegsjahren wurde deshalb viel Munition in unterschiedlichen Kalibern in der Havel gefunden.

Beim Baden und spielen im Fluss fanden Kinder und Jugendliche immer wieder Munition im Wasser. Leichtfertig wurde damit umgegangen. Ganze Geschossketten für Maschinengewehre wurden entdeckt.

Hatte man eine Patrone aus der Kette gelöst, wurde durch leichtes aufklopfen das Geschoss aus der Kartusche gelöst. Somit konnte das Schießpulver aus der Kartusche geschüttet  und für diverse Feuerspielereien benutzt werden. Wenn die Sonne kräftig schien, ließ sich das Pulver mit einem Brennglas anzünden. Es gab gekörntes und in kleinen Stiften geformtes Pulver. Legte man das Pulver in Spuren auf ein Holzbrett und zündete es an, entstanden alle möglichen, eingebrannten Ornamente im Holz. U. a. , wie sollte es auch anders sein, auch verbotene Hakenkreuze.

Eine andere, gefährliche Spielerei wurde kreiert, in dem man etwa die Hälfte der Pulvermenge in der Kartusche zurück ließ. Danach wurde das Geschoss wieder mit ein paar Hammer- oder Steinschlägen komplett in die Kartusche hineingeschlagen. Man legte dann die Kartusche, wie eine kleine Kanone, unter einen Stein, so dass die Öffnung herausschaute. Dann wurde das restliche Schießpulver davor geschüttet und angezündet. Durch die damit auch entzündetet Pulvermenge, die sich hinter dem Geschoss befand, entstand eine kleine Explosion, die das Geschoss heraus beförderte, welches dann ca. 30 bis 50 Meter weit flog. Es war schon ein gefährliches Spiel.


Flucht aus der DDR

Im Mai des Jahres 1953 wurde ich im Havelberger Krankenhaus, am Blinddarm operiert. Die Narkose bekam man damals noch in Form von Äthertropfen, die auf eine Atemmaske geträufelt wurden. Ich musste zählen und dabei ein- und ausatmen. Bis 23 kam ich, dann verließen mich die Sinne. Nach der Operation wachte man in seinem Krankenbett auf und bekam ein Sandsäckchen auf die verbundene Wunde gelegt. Nach einer guten Woche wurde ich am Samstag den 30. Mai 1953 entlassen. Ein Rettungswagen brachte mich nach Strodehne.

Die Phase der Flucht aus der DDR in die Bundesrepublik war bereits in vollem Gange. Einige Bauern vom Dorf hatten alles stehen und liegen gelassen und waren bei Nacht und Nebel in den Westen geflüchtet.

Mein Vater wurde per Zeitungsartikel in der „Volksstimme“, beschuldigt ein paar junge Männer zu einer Schlägerei aufgehetzt zu haben. Der Artikel wurde von Frau Hennig, sie war Vorsitzende der LPG Kuhlhausen, geschrieben. Die LPG´s  Kuhlhausen und Jederitz, waren als Gast zu einer Tanzveranstaltung, im Saal vom Gasthaus Heinrich, in Strodehne. Es war Sonntagabend. Wie an jedem Sonntagabend war mein Vater in der Gaststube von Heinrichs zum Skatspielen und hatte absolut kein Interesse an der Veranstaltung im Saal. Wie es nun im Leben ist, kam es im Saal zu einer Schlägerei. Man wollte sich wohl von den Besuchern nicht die Dorfmädchen wegnehmen lassen. Andererseits wollte man sich die Hetzereien der Gäste gegen die sogenannten LPG-Quertreiber im Dorf nicht gefallen lassen.

Alle größeren Betriebe befanden sich ja auf der Zielscheibe der öffentlichen Hand, die die Gründungen der LPG´s in den Dörfern vorantrieben. In Strodehne gab es noch keine LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, nach dem Muster der sowjetischen Kolchosen) Mehrfache Versammlungen und Werbemaßnahmen mit heftigen Diskussionen, die zur Gründung einer LPG im Dorf, und damit Enteignung der eigenen Scholle, führen sollten, wurden von den sogenannten Großbauern boykottiert. Man wollte sein Land und seine Gebäude behalten und selbst bewirtschaften.

abschrift

Als Kriegsreparationsform der Sowjets, bekamen die Bauern ein Ablieferungssoll für ihre Erzeugnisse auferlegt. Massenweise rollten endlose, beladene Güterzüge in die Sowjetunion. Die Sollzahlen waren an der oberen Grenze des Machbaren angelegt und wurden jährlich noch erhöht. Wenn z.B. durch Witterungseinflüsse, das Soll in einigen Sparten nicht erfüllt werden konnte, bestand die Möglichkeit mit anderen Produkten, die Fehlmenge auszugleichen. Gab es aber absolut keine Ausgleichschancen, dann bekam der Bauer Geldstrafen auferlegt. Weil ja die Erzeugnisse, aus dem Ablieferungssoll, nur sehr gering bezahlt wurden, hatte der Bauer auch das notwendige Geld für die Strafe nicht. Die Folge war: der Bauer wurde überraschend von seiner Arbeit weggeholt, verhaftet und landetet in einem unbekannten Zuchthaus der DDR. Der Onkel meiner Mutter, Ewald Winter aus Kuhlhausen, dem dieses Schicksal nicht erspart blieb, kam kommentarlos von den Behörden im Sarg zurück. Nachfragen über diesen Vorgang bei den Behörden, war unter Androhung von Repressalien verboten.

Um diesem eventuellen Schicksal aus dem Weg zu gehen, entschloss sich mein Vater, bestärkt durch den Zeitungsartikel von Frau Henning, kurzfristig mit der Familie, die DDR zu verlassen. Der Entschluss war also gefasst, man wartete nur noch auf meine Rückkehr aus der Klinik, in der ich am Blinddarm operiert wurde. Schnell wurden noch ein paar Papiere eingesteckt und los ging es.

Es war Sonntag der 31. Mai 1953. Vater und Bruder Wilfried fuhren um 22:00 Uhr mit den Fahrrädern nach Rathenow, das sind ca. 30 km. Die Räder wurden bei Verwandten, der Familie Otto, in der Rhinower Straße, abgestellt und mit dem Zug ging es über Potsdam nach Berlin.

Meine Mutter fuhr mit dem alten Damenrad um Mitternacht so gegen 0:30 Uhr 8 km-weit nach Kietz. Ich sollte mich nach der frischen Blinddarm-OP noch schonen. Also saß ich auf dem Gepäckträger und ließ die Beine baumeln. Wir verabschiedeten uns unter Tränen, vom Großvater, der nicht mitwollte und somit zurück blieb. Ich habe ihn dann nie wieder gesehen. Er zog dann zu meiner Tante Lisa Suhr geb. Friesike, seine Tochter, im Dorf an die Waitring. Den Hof verließen wir beide durch das hintere Tor, zur Havel hin, damit uns auf der Straße niemand begegnen sollte. Mühsam erreichten wir dann 1:30 Uhr das Haus der Familie Bollmann auf dem Kietz. Wir klopften ans Fenster und wurden leise empfangen. Ich konnte auf dem Sofa noch ein bisschen schlafen. Um 4:30 Uhr machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Bahnhof nach Rhinow. Der erste Zug fuhr um 5:30 Uhr nach Rathenow. Frau Schmidt vom Aussiedlerhof Schafhorst, fuhr mit ihrem jüngsten Sohn Peter, mit dem gleichen Zug. In Kietz-Mühlenburg trafen wir auch noch eine Schwester von Juliane Pabst, geb. Schaar , die auch zum Bahnhof Rhinow lief.  In Rathenow angekommen, stiegen wir dann um in den Zug, Richtung Berlin, der in Berlin-Staaken endete. Hier mussten alle Passagiere durch die Passkontrolle und wurden stichprobenweise ins Kontrollhäuschen der Vopo gebeten. Auch wir beide mussten in den Kontrollraum. Meine Mutter wurde gefragt, wo wir hinwollen. Sie gab an, dass wir nach Köpenick, zu Verwandten fahren, um mich ein paar Tage zur Erholung dort zu lassen. Man wollte dann Namen, Straße und Hausnummer der Verwandten wissen. Die Handtasche, in der sich ein paar Vesperbrote befanden, wurde durchsucht; dann konnten wir weitergehen. Nach dieser Passkontrolle ging man eine große Treppe hinauf und befand sich auf dem Bahnsteig der Berliner S-Bahn.

Nun, nur noch ein paar Stationen mit der S-Bahn und West-Berlin war erreicht.
…………………….Aufatmung…………… Es war geschafft.
Um nicht ins Visier der Grenzkontrolleure zu geraten, konnte man weder Reisekoffer, noch Taschen noch sonst irgendwelche persönlichen Dinge mitführen. Auch die Mitnahme von Geld war riskant.

Am nächsten Morgen fiel dem Nachbarn Hirth, er hinkte etwas, war Vertriebener und wohnte im Haus Kleindorf Nr.16, auf, dass die Kühe im Stall nach Futter brüllten und das Hoftor noch geschlossen war. So schnell er konnte, eilte er zum Bürgermeister Riemann, der an der Chaussee nach Rhinow wohnte, um diese Auffälligkeit zu melden. Er meinte das sehe ganz nach Flucht aus. Der Bürgermeister wollte etwas Verzögerung hinein bringen und meinte, er müsse erst mal Kaffee trinken, dann wolle man sich persönlich davon überzeugen, ob dies auch zuträfe, oder ob die Friesike´s evtl. nur verschlafen hätten. Der Opa wurde befragt, ob er etwas wisse. Er lehnte jede Antwort ab. Nach der Fluchtfeststellung lief man ins Bürgermeisteramt im Großdorf 25 um die vorgeschriebene Meldung an die zuständige Behörde per Telefon, vorzunehmen. Von der entsprechenden Behörde wurden sofort alle möglichen Fluchtwege, die in der Regel alle über Berlin führten, abtelefoniert. Kurz nach 9:00 Uhr landete solch ein Anruf auch bei der Grenzkontrolle im Bahnhof Berlin – Staaken. Die Antwort lautete: Leider zu spät, die Reisenden aus dem Zug von Rathenow haben vor einer viertel Stunde die Grenzkontrolle passiert. Diese Information wurde uns, lange nach der Flucht, von authentischer Stelle zugetragen.

Unser weiterer Weg folgt im Kapitel 5


Fluchtaufenthalt in Westberlin

Vor dem Mauerbau 1961, hielt die S-Bahn, die sich im Besitz des sowjetisch besetzten Ostsektors von Berlin, befand, auch noch in den S-Bahnhöfen von West-Berlin. Wir fuhren dann mit der S-Bahn und stiegen in Charlottenburg, das sich in Westberlin befand, aus.  Aufatmung!  Das war mal geschafft. In der Kantstraße in Charlottenburg wohnte eine ehemalige Strodehnerin, Vera Zander. Dies war unser vereinbarter Treffpunkt. Meine Mutter und ich waren am frühen Nachmittag dort, mit Ungewissheit, ob Vater und Bruder Wilfried es auch geschafft haben. Erst ein paar Stunden später trafen auch die beiden dort ein. Vera Zander nahm uns für eine Nacht auf. Am nächsten Tag fuhren wir in die Kuno-Fischer-Straße. Dort befand sich die Meldestelle für alle DDR-Flüchtlinge, die den Fluchtweg über Ost-West-Berlin gewählt hatten. Es herrschte Massenandrang. Mit viel Wartezeit wurden wir ärztlich untersucht und bekamen eine Notunterkunft in Berlin-Mariendorf zugewiesen. Das Lager war in den Büro- und Produktionshallen einer ehemaligen Möbelfabrik des Mariendorfer Fruchthofes untergebracht . Betrieben wurde die Notunterkunft vom Deutschen Roten Kreuz. Die Frauen wurden in Doppelstockbetten des Bürogebäudes und die Männer in den Fabrikhallen untergebracht. Toiletten und Waschräume, mit Kaltwasser, waren notdürftig eingerichtet. Im Keller des Bürogebäudes befand sich die Küche. Das Essen bekam man in einer Aluminiumschüssel mit Besteck und Becher. Tee konnte man an einem großen Kessel mit Hahn selbst zapfen. An die Lagerruhe in den Fabrikhallen erinnert man sich:

Graue Pferdedecken teilen uns´ren Saal in Kojen ein

Wenn wir durch die Schlitze peilen, fällt auch Tageslicht herein. Abgeschirmt vor Regengüssen, Flüchtling sag´ was willst du mehr? Dass wir alles hören müssen, macht das „Zelten“ hier so schwer! Recht´s  da flüstern zwei von Liebe, links schreit man nach Flaschenbier, Vorn bekommt ein Knabe Hiebe, hinten poltert er mit ihr. Weiter rechts ein wehes Weinen, weiter links übt man Spagat. Weiter vorn der Chor der Kleinen, weiter hinten kloppt man Skat—– Ist zu Ende das Getue und der laute Tag vorbei

Schnarcht es durch die Lagerruhe, wie in einer——Sägerei ! 

In den Messehallen am Berliner Funkturm waren provisorisch die Aufnahmebehörden eingerichtet. Zwei bis drei Wochen musste der Vater täglich zu einer anderen Behörde. Es fanden Verhöre und ausgeprägte Prüfungen statt. Schließlich wollte man vermeiden, dass sich Spione und Agenten aus der DDR auf diesem Wege verdeckten Zugang zur Bundesrepublik, verschafften.

Zum Schluss des Aufnahmeverfahrens erfolgte die Zuweisung unserer Familie in das Bundesland Baden-Württemberg, mit Ziel im Raum Mannheim.

Nun warteten wir auf den Weitertransport in die Bundesrepublik. Auf dem Landwege war dies nicht möglich, denn dazu hätte man durch die DDR müssen. Westberlin war ja eine Insel in der DDR, die im Jahre 1961 rundum mit einer Mauer, mit Schießbefehl versehen wurde. Also blieb nur der Luftweg. Die Bundesrepublik Deutschland hatte nach dem zweiten Weltkrieg, noch keine eigene Fluggesellschaft. Die Siegermächte Sowjetunion, USA, Frankreich und England genehmigten die Neugründung der Lufthansa erst wieder Ende der vierziger Jahre. Die Lufthansa durfte das Gebiet der DDR nicht überqueren, so dass der Flugverkehr von und nach Westberlin von den Alliierten Westmächten durchgeführt wurde. Somit waren es wieder die Amerikaner, mit ihren „Rosinenbombern“, die uns in den Westen brachten. Nach einer Wartezeit von 8 Wochen bekamen wir unseren Flugbescheid. Mit einem Bus ging es ins Abfluglager „Volkmarstraße“. Dies war ein sechsstöckiger, großer Fabrikbau, der voll gepackt war mit Doppelstockbetten. Es war ein sogenanntes Pufferlager. Je nach, zur Verfügung stehenden, Flugkapazitäten, wurde das Lager geräumt. Drei Tage und Nächte verbrachten wir hier, dann war es soweit.

Eine viermotorige Propellermaschine der PAA (Pan American Airways) brachte uns von Berlin-Tempelhof nach Hannover. Das Flugzeug startete um 23:00 Uhr, so dass wir beim Blick aus dem Fenster nur die vielen Lichter von Westberlin sehen konnten. Als wir über die DDR flogen, waren erheblich weniger Lichter zu sehen.

Es dauerte wohl eine Stunde, bis wir in Hannover landeten.


Havelfähren

Die sogenannte neue Havel, die vor dem Dorf vorbei geht und für den Schiffsverkehr nur bei Hochwasser freigegeben wird, wurde 1934 als sogenannter Durchstich geschaffen. Bis dahin ging nur ein toter Arm von unten kommend, mit Namen Banzin, etwa bis zu der Stelle, an der sich die Wirtschaftsfähre befand. Die Bauern, die aus heutiger Sicht drüben ihre Wiesen hatten, erreichten diese auf dem Landweg über den Werder. Denn dort war ja kein Flussbett. Nachdem der Durchstich 1934, er diente der Havelregulierung;  erfolgte, wurde vom Staat die Fähre angeschafft, dazu ein Fährmann, mit Unterkunft auf Staatskosten gestellt. Die Bauern bekamen das Recht, kostenlos hin und her befördert zu werden. Jenseits befand sich auf einem Pfahl, eine große Stahlfelge, mit einem Hammer dabei. Den schlug man an die Felge, so dass der Fährmann dies hörte und hinüber fuhr. Diese Fähre wurde auch zu DDR-Zeiten aufrecht gehalten.

wirtschaftsfaehre_friesike

 

 

 

Die Wirtschaftsfähre musste dem Bootsanleger weichen; links mit Schifferdenkmal, rechts im Jahr 2000

Der Banzin vor dem Dorf war ein Paradies für Vögel, besonders für Enten und Gänse. Der Arm war stark verschlammt und bot somit viel Futter für die Enten. Der Arm soll eine Besonderheit gehabt haben, nämlich er soll eine Art Ebbe und Flut besessen haben. D.h. das Wasser nahm über viele Stunden, langsam etwas zu, um dann langsam wieder etwas zurückzugehen. Sicher hatte dies mit der Havelregulierung und geschaffenen Staustufen etwas zu tun.


 

Friesike´s Privatfähre

Unsere große Havelwiese befand sich gleich nach der Brücke rechts. Der Komplex reichte von der Straße, bis zum Kuhlhausener Sandberg, auf dem noch heute  Pappeln stehen. Wenn man in Richtung Norden blickt, so ging die Wiese von der Havel bis einschließlich dem westlichen Buschwerk. Dieses Weiden-Buschwerk wurde im Winter immer wieder ausgeholzt, um Brennholz zu bekommen. Bis 1934 war die Havel etwas schmäler. Das Heu von dieser Wiese wurde mit Hand gemäht und mit Kähnen herübergeholt. Dazu wurden auch zwei Kähne nebeneinander mit dünnen Baumstämmchen darüber, verschnürt, so dass es eine größere Ladefläche ergab. Wenn die Vormaht weg war brachte man die Milchkühe, etwa 18 – 20 Stück zum Weiden täglich dort hinüber. Dazu trieb man die Kühe in die Havel, so dass sie hinüber schwammen. Der Hirte fuhr mit dem Kahn hinüber. Am Abend ging es dann umgekehrt, wieder zurück. Siehe Bild.

Kühe durch die Havel

Hier kommen die Kühe aus dem Wasser.

Als nun 1934 der Durchstich kam, wurde auch bei uns die Havel breiter gemacht, so dass sich mein Großvater Erich Friesike geb.1880, entschloss eine eigene Fähre anzuschaffen. Die Fährstelle befand sich dort, wo der Weg vom Seidenbeutel kommend eine Linkskurve macht. Geht man an dieser Kurve geradeaus weiter in Richtung Havel, so kommt man an eine kleine Ausbuchtung, in der die Fähre stand. Ich meine die Ausbuchtung ist heute noch erkennbar. Betrieben wurde die Fähre per Handseil. Ein dickes Stahlseil lag auf dem Grund der Havel und war beidseitig an einem starken Holzpfosten, der im Boden tief eingegraben war, befestigt. Wollte man hinüber, wurde das Seil aus dem Wasser gehoben und in zwei Rollen gelegt, die sich vorn und hinten auf der Bordwand bergwärts befanden. Zwischen den Rollen zog man dann mit der Hand am Seil und die Fähre bewegte sich hinüber. Damit man nicht mit bloßen Händen ziehen musste, hatte man in Dachlattenstücke tiefe Kerben eingesägt. Diese Kerben hängte man dann rechtwinklig, über das Seil. Durch Verkanten der Latte klemmte diese am Seil und man konnte so auf der ganzen Fährlänge ziehend entlanglaufen. War man am Ende, wurde die Latte ausgehängt, man lief leer in die andere Richtung, hängte wieder frisch ein und zog weiter.

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Erich Friesikes Fähre

 

 

 

 

 


 

Truppenblockade

Als sich der zweite Weltkrieg dem Ende näherte und die sowjetischen Truppen, mit Macht, westwärts bewegten, wollte man diese Bewegungen u. a. an Havel und Elbe aufhalten, in dem man Brücken sprengte und Fähren lahm legte. Hierzu wurde auch in unsere Fähre, seitlich, ein großes Loch gesprengt, so dass sie zur Hälfte ins Wasser sank und nicht mehr genutzt werden konnte.

Einige Zeit nach Kriegsende wurde die Fähre gehoben, an einen Dampfer gekoppelt und zur Reparatur in die Schiffswerft nach Havelberg geschleppt. Eine große Eisenplatte wurde auf das gesprengte Loch genietet, so dass die Fähre wieder nach Strodehne geschleppt und benutzt werden konnte.


Lastverkehr auf der Havel

Zu DDR-Zeiten wurden viele Güter von Hamburg nach West – Berlin transportiert. Schleppdampfer hatten nicht selten bis zu sieben Lastkähne angehängt. An den Schleusen konnte der Schleppdampfer immer nur einen Kahn schleusen. Ich glaube dass man manchmal ein paar Tage brauchte, bis so ein Zug mit sieben Hängern geschleust war. Denn der Schlepper musste ja immer wieder hin und her geschleust werden, um den nächsten Lastkahn zu holen. Diese Schleppzüge von Hamburg nach West-Berlin waren für DDR-Bewohner immer interessant, wenn sie anhalten mussten, denn die Schiffer auf diesen Kähnen waren ja Westdeutsche Bürger  und hatten Westware, wie z.B. Kaffee oder dergleichen, was es in der DDR damals nicht gab, dabei.

Musste so ein Schleppzug anlegen, waren im Schutz der Dunkelheit rasch einige Leute aus der Umgebung, mit ihrem Kahn unterwegs, um Kontakt mit diesen Schiffern zu bekommen. Wenn die VoPo- Posten dies mitkriegten, waren sie auch schnell zur Stelle, um die Kontakte zu verhindern. Harte Strafen wurden angedroht und auch verhängt. Angeblich fanden solche illegalen Schiebergeschäfte in größerem Umfang an der Garzer Schleuse statt, in denen der damalige Gastwirt Lemme sehr stark verwickelt war. Nachdem er von der Staatssicherheit ertappt wurde, entging er der gnadenlosen Inhaftierung in Bautzen,  in dem er Selbstmord beging.

Für unseren Fährbetrieb war es nun wichtig zu erkennen, dass während unserer Überfahrt kein Dampfer kam. Denn, wenn wir noch auf dem Wasser waren, befand sich ja das Zugseil kurz unter der Wasseroberfläche. Wenn der Dampfer dann unsere Fahrspur kreuzte, erfasste er das Seil im Wasser und riss es aus seiner Verankerung. Die Fähre trieb dann stromabwärts. Man versuchte dann per Handruder an Land zu kommen. Wenn das dann vielleicht bei Vehlgast gelungen war, ging man nach Hause, holte ein Pferdegespann und treidelte die Fähre wieder flussaufwärts.

Auf diese Fähre passte ein komplettes Fuhrwerk, mit Pferde und Wagen. Somit wurde das Heu herübergeholt und danach die Kühe hinüber gebracht.

Manchmal wurden die Kühe auf der Fähre ein wenig unruhig, so dass es schon mal vorkam, dass ein Tier über Bord kam.  Da hatte man dann schon seine Mühe diese Kuh ordentlich neben der Fähre mit hinüber zu bekommen. Unter Umständen sprang man ins Wasser um der Kuh einen Strick um den Hals zu binden und sie so bei der Fähre zu halten.

Fährgäste

Aus Bad Wilsnack war der Ferkelhändler Schumann mit seinem erwachsenen Sohn im Havelland per Pferd und Wagen unterwegs. Sie kauften Ferkel auf, um sie im nächsten Dorf wieder etwas teurer zu verkaufen. Die beiden tranken gerne. Wenn sie dann auf der Rücktour waren, kehrten sie bei Milatz ein, um dann später von uns per Fähre übergesetzt zu werden, damit sie über Havelberg nach Hause kamen. Einer von beiden war dann immer derart vom Alkohol beeinflusst, dass er nicht mehr stehen konnte. War der Alte betrunken, schimpfte der Junge über ihn, und umgekehrt. Vom Alten, der über den Jungen schimpfte, ist mir ein Spruch im Ohr geblieben: Dusend Mark wött ick jäon, wänn dätt Oaß sick hüt inne Hawl vosöpen dä. (Tausend Mark würde ich geben, wenn das Aas sich heute in der Havel ertränken würde.)

Im Jahre 1949 wurde dann die erste Brücke über die Havel gebaut.

Unsere Fähre war somit überflüssig geworden und wurde nach Havelberg verkauft.


Heinz Mahrenholtz

Den Strodehner Dröhnkrom von Heinz Mahrenholtz habe ich als Heftband vorliegen. Ich kannte den Heinz persönlich. In seiner Jugend war er ein Hansdampf in Strodehne. Er stammt aus dem heutigen Haus Kleindorf 16. Er war sehr sportlich. Die Tür des Vorgartens von 1,00 m Höhe öffnete er nie. Er sprang immer drüber, wenn er sie passierte. Auf dem Schornstein des Elternhauses machte er Handstand.
Wenn ein Pferd mal nicht so parierte , wie er es wollte, holte er gleich seinen Revolver um es zu erschießen. Mein Vater hat ihn oft davon abgehalten, bis er sich wieder beruhigt hatte. Wenn er als Jugendlicher Zimmerarrest im Obergeschoß hatte, stieg er an der Fassadenverzierung runter und kurz vor Beendigung der Arrestzeit wieder hinauf, so dass seine Eltern nichts mitbekamen. Ich meine die Fassade ist bis heute noch so erhalten. Wenn ihn seine Schwester mal geärgert hatte, entsorgte er sein nächtliches Bedürfnis, pipi zu machen, heimlich, während des Schlafes unter ihrer Bettdecke, so dass sie am nächste Morgen die Schläge der Eltern für das Bettnässen bekam. Im Krieg hat der Heinz ein Bein verloren und trug eine Prothese . Er lebte nach dem Krieg in der Region um Hannover und fuhr mit seinem Moped ganz Skandinavien als Camper im Zelt ab. Für die Verpflegung hatte er eine Angel und einen Gaskocher dabei. Ab und zu kam er mit dem Moped auch zu uns nach Heidelberg und besuchte meinen Vater; auch um Beiträge für seinen Dröhnkrom zu sammeln.
Das Anwesen Mahrenholtz wurden mit Kriegsende enteignet. Übrigens, das Anwesen Mahrenholtz wurde nicht wegen der Größe der Anbauflächen, sondern wegen dem Parteiabzeichen von Heinz Mahrenholtz, enteignet. Enteignet wurden alle die über 100 Hektar besaßen.

Aber Mahrenholtz könnte so um die 70 bis 80 ha besessen haben.


Die Brücke

Es kam das Jahr 1949. Eine Holzbrücke, mit vielen Baumstämmen, die in die Havel gerammt wurden, entstand. Wegen des Hochwassers wurde die Brücke hoch gebaut, wie heute. Auch, dass die Schifffahrt hindurch kam. Auf der Bergseite wurden Eisbrecher erstellt, die bei Eistrieb die Pfosten schützen sollten. Für die Zufahrten musste auch beidseitig ein Straßendamm angeschüttet werden. Ein Heer von Arbeitern mit der Schippe wurde dazu beschäftigt. Das Schüttgut wurde auf der Strodehner Seite, aus dem südlich am Ort gelegenen Binnenfeld, welches zum Pfarrhof gehörte, entnommen. In der Nähe befand sich eine große Feldscheune von Hans Plaue.

Eine riesige Sandgrube entstand. Der Transport erfolgte mit einer provisorisch installierten Feldbahn mit Kipploren, die z. T. durch die Gänsewiese von Suhr´s, heute Wilke, führte. Diese Sandgrube wurde später gelegentlich für Schießübungen und Motocross-Sport von auswärtigen FDJ-Gruppen „Sport und Technik“ genutzt. Im Laufe der Jahre diente die Grube als Aaskule
Sie wurde zu DDR-Zeiten vom Bautrupp der LPG, als Schuttdeponie genutzt und nach der Befüllung mit Erde überdeckt. Nachdem einige Strodehner Bauern aus der DDR geflohen waren, standen einige z. T. sehr alte Bauernhäuser leer und wurden baufällig. Anstatt sie zu sanieren, dazu fehlten sicher auch die Mittel, wurden sie abgerissen. Der Bauschutt wanderte dann in die genannte Aaskule.
Bekannter Weise gehören u. a. dazu: Die Gehöfte Hampe und Ohm, sowie die Häuser Ernst Möllenbeck, Gustav Witte, Erwin Neumann, Stellmacher Dienemann usw. Auch Wirtschaftsgebäude, die baufällig waren und von der LPG nicht gebraucht wurden, dienten der Füllung.
Das Schüttgut für die westliche Brückenzufahrt wurde in der Nähe der Garzer Mühle (Ebel ) aus dem Boden entnommen. Die Grube ist heute noch erkennbar, wenn man den Abkürzungsweg (Plattenweg) von der Garzer Mühle nach Kamern, benutzt. Sie ist verwildert u. z. T. mit Grundwasser gefüllt
Die Brückenbau-Arbeiter peppten Strodehne damals auf. Es gab auch hinterbliebenen Nachwuchs.
Meines Wissens wurde die Brücke am 3. Nov. 1949 eingeweiht. Eine Schulklasse, zu der auch Ernst Möllenbeck und Rudi Wilke gehörten, musste bei der Feier als Schulchor auftreten und einige sozialistische Lieder singen. So erklang die Nationalhymne „Auferstanden aus Ruinen“ oder „Bau auf bau auf, Freie Deutsche Jugend bau auf (siehe YouTube)  Es wurde ihnen versprochen, sie bekämen nach dem Auftritt jeder eine Bockwurst. Als es dann so weit war, waren die Bockwürste alle und man musste enttäuscht nach Hause gehen.
Die Friesike´sche Fähre war somit überflüssig geworden und wurde nach Havelberg verkauft.
Die Holzbrücke war m.W. um 1972 reparaturbedürftig. Geld war aber dafür nicht vorhanden, so dass man die Brücke abriss und daneben eine Fähre einrichtete.
Die Zufahrt wurde per Rampe beidseitig angeschüttet.
Nach der Wende nun wurde vom Land Brandenburg beschlossen, die Brücke als Stahlkonstruktion wieder neu zu bauen. Sie wurde am 20.11.1999 eingeweiht. Naturschützer wollten dies nicht, wurden aber wohl überstimmt.
Als danach der Ministerpräsident Stolpe mal in Strodehne war, soll er gesagt haben: „Wenn ich gewusst hätte, wie wunderschön hier die Natur ist, hätten wir den Bau der Brücke nicht genehmigt.“
Die letzte Fahrt in Strodehne

Die letzte Fahrt in Strodehne

Die dann freigewordene Fähre wurde verkauft und wird heute auf dem Neckar zwischen Edingen-Neckarhausen und Ladenburg betrieben. Das Neckarstück befindet sich zwischen Heidelberg und Mannheim in der Kurpfalz.

 

Die Strodehner Fähre an ihrem neuen Einsatzort

Die Strodehner Fähre an ihrem neuen Einsatzort

 

 

 


Kriegzeit und Kriegende 1945

Während der Kriegszeit waren relativ viele polnische Kriegsgefangene in Strodehne.

Auf unserem Hof gab es drei Männer, Josef, Hendrik, und Senneck; sowie zwei Frauen, Ruscha und Tascha. Neben der Küche gab es ein Magdzimmer, darin schliefen die beiden Frauen. Im Stall gab es eine Knechtekammer neben dem Pferdestall. Sie war als Wohnraum mit Fußboden, verputzten Wänden, Fenster und Ofen ausgestattet. Darin schliefen die drei Männer. Obwohl es verboten war, saßen beim Mittagessen alle am großen Esstisch bei uns in der Küche.

Der damalige Eigentümer des Hauses Großdorf 25, Paul Steffen, Vater von Willi Steffen, war ein systemtreuer Funktionär, im dritten Reich. Er wurde gleich bei Kriegsende enteignet, verhaftet und fand sein bitteres Ende im Lager Sachsenhausen bei Oranienburg. Man ließ die Häftlinge dort einfach verhungern. Als Ortsgruppenführer hatte er die Aufsicht über die Kriegsgefangenen. Wenn er diese Leute abends nach 20:00 Uhr noch irgendwo im Dorf antraf, schlug er sie sehr unsanft mit seinem Stock. Ein Gefangener soll angeblich durch dieses traktieren zu Tode gekommen sein. Nachdem Steffen abgeholt war, fand man seine Frau, vermutlich aus Rache der Kriegsgefangenen, erschlagen und fürchterlich zugerichtet, tot in der Havel schwimmend.

Der damalige Bürgermeister Rudolf Plaue Dorfstr. 10, wurde gleich nach Kriegsende von russischen Soldaten im PKW abgeholt, im Lager Sachsenhausen ohne Nahrung inhaftiert und wurde nie wieder gesehen. Zitat: „Von den Russen ermordet und wie Hunde verscharrt“.

Leider gab es im Dorf ein paar Irrsinnige, die in den letzten Tagen des Krieges, das Dorf noch verteidigen wollten. Es fanden noch Nahkämpfe mit Schießereien statt.

Aus Furcht um das eigene Leben, flüchtete unsere Mutter mit uns zwei Buben, auf einem Dampfer, auf der Havel zur Elbe, nach Sandau. Anstatt dort Schutz zu finden, wurden wir Augenzeugen der Zerstörung der Stadt.

Die Zerstörung Sandaus und des Kirchturms begann erst am 13.April 1945 durch die amerikanische Artillerie. Der damalige Stadtkommandant Beck, befahl die Verteidigung der Stadt „bis zum Schluss“. Mittags um 13:00 Uhr fiel der erste Schuss, auf den ein 12-tägiges Bombardement folgte. Am 16.April 1945 wurde der Glockenturm zerstört und die beiden Glocken 1,51 m und 1,32 m hoch, so wie 2,2 t und 1,6 t schwer, stürzten herunter. Sie wurden im August 1949 wieder aufgehängt. (Stadtgeschichte Sandau entnommen.)

In Treppenhäusern und unter freiem Himmel in der Sandauer Heide, verbrachten wir einige Nächte, bis wir dann mit Fußmärschen und Schiffsfahrten wieder nach Strodehne zurückkamen.

Es hatte sich beruhigt im Dorf. Wir mussten in unserem Haus die Wohn- und Schlafräume verlassen und auf dem Dachboden kampieren, weil russische Soldaten sich einquartiert hatten und alle Räume belegt hatten. So war es auch in anderen Häusern des Dorfes. Schmuck, aber hauptsächlich Uhren wurden den Leuten im Dorf, von den Russen abgenommen. Uhri…Uhri hieß die Forderung nach einer Taschen- oder Armbanduhr. Wenn man sich wehren wollte, zückte der Russe sofort seine Pistole oder ein Messer.

Noch in der ersten Nacht des Kriegsendes klopften „unsere“ Polen ans Schlafzimmerfenster meiner Mutter, und riefen zegnaj, also lebt wohl und verschwanden lautlos.

Im Februar 1948 kam unser Vater aus französischer Kriegsgefangenschaft zurück. Bis dahin musste die Mutter sehen, wie sie den Hof notdürftig bewirtschaften konnte. Als Knecht hatte sich der Hans Stumpf bei uns eingefunden.

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Polin Tascha, Wilfried Friesike, Gisela Suhr, Mutter von Uwe Wilke ca. 1943/44 auf dem Tritt unseres Hauses zur Straßenseite


Theodor Gericke

Einer der Cousins meines Vaters Erich Friesike, war Theodor Gericke. Er war untersetzt und seiner Statur entsprechend, ein sehr gemütlicher Mensch. Er stammt aus dem Haus Peterson Kleindorf 8. Seine Mutter Dora geb. Plaue, war eine Schwester der Mutter meines Vaters, Margarethe geb.Plaue.
Nach dem zweiten Weltkrieg, etwa im Jahr 1948/49 hatte unser Vater mit Mühe ein zusammengestückeltes Rundfunkgerät aufgetrieben. Die DDR-Hetz-und-Propaganda-Sender zu hören, war wenig interessant. Bedeutender war der Empfang des RIAS Berlin. (Rundfunk im amerikanischen Sektor Berlins)
Jeden Abend lauschte man der Nachrichtensendung aus dem Westen.
Nun war es in der DDR verboten, die Westsender zu hören. Man versuchte auch von DDR-Seite mit ständig arbeitenden Störsendern den Empfang zu erschweren. Man musste die Senderwahl immer wieder etwas korrigieren, um einiger Maßen etwas zu verstehen. Solch ein Störsender war u.a. auf den Rhinower Bergen installiert.
Gelegentlich hörte man auch von Spitzeln oder Spannern, die in der Dunkelheit um die Häuser schlichen, um zu lauschen, ob der RIAS eingeschaltet war.
Da Onkel Theo kein Radiogerät besaß, besuchte er uns allabendlich, rauchte sein Pfeifchen, nahm Platz auf dem Sofa, um die Westnachrichten zu hören.
Es dauerte nicht lange dann schlief er ein. Ab und zu kam er dann kurz wieder zu sich und konnte die Pfeife vor dem Absturz retten. Unser Opa sagte dann: Theo du hörst doch gar nichts; doch doch sagte er, ich höre alles.
Wir Kinder beobachteten alles genau und lauerten schon, dass ihm die Pfeife aus dem Mund fiel und auf den Boden plumpste. Als er es merkte, sagte er: Jetzt wäre ich doch fast eingeschlafen.
So hatten wir allabendlich unser lustiges Erlebnis mit dem Onkel Theo.

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Theo Gericke 1913/14, noch ohne Pfeife

 

 

 

 

 

 


Hochwasser

Fast alljährlich lief die Havel im Strodehner Gebiet über. Die Wiesen standen dann ca. 1m unter Wasser.  Wenn die Überschwemmung frühzeitig kam, fror alles zu und wir Kinder hatten wunderschöne Eisbahnen, um mit den Schlittschuhen unterwegs zu sein. Wer kein Geld für neue Schlittschuhe hatte, oder es gab keine zu kaufen, nahm die alten von den Eltern oder gar Großeltern. Das waren häufig sogenannte „Hackenabreißer“ D.h. mit einer Krallenschraube wurde der Schlittschuh am Absatz befestigt. Im vorderen Bereich wurde nur ein Lederriemen durch den Schlittschuh, über den Fuß gespannt. Saß dieser Riemen nicht fest genug, hing die Last am Absatz, der dann oft abriss.
Ab und zu fror auch die Havel zu. Um zu testen, ob das Eis tragfähig ist, wurde ein Stück Baumstamm mit einem langen Stiel versehen, so dass ein großer Holzhammer entstand. Mit diesem Hammer schlug man dann Schritt für Schritt auf das Eis, bis man das andere Ufer erreicht hatte. Selbst mit Pferden zog man über die Havel um Baumstämme, die als Brennholz dienten, herüberzuschleppen.

Wenn das Eis dann weg schmolz, nutzten die Fischer die Gelegenheit  im seichten Wasser Beute zu machen. Wir Kinder paddelten mit dem halbrunden Schweinebrühtrog umher. Weil dieser Trog aus einem dicken Baumstamm herausgehauen war, hatte er einen halbrunden Boden, der rasch schaukelte, wenn er nicht vorsichtig balanciert wurde. Und schnell kippte der Trog dann um und man stand manchmal bis zum Hals im Wasser

Kam das Hochwasser erst nach dem Frost, wurde als Ersatz die zugefrorene Waitring, neben der Zufahrt zur Havelbrücke, als Eisstadion genutzt. Dort tummelte sich dann das ganze Dorf.

Hochwasser

Hochwasser in Strodehne März 2002

 

 

 

 

 


Kartoffelkäfer

Es gab eine Phase in der Nachkriegszeit, da mussten Kartoffelkäfer in der DDR gesammelt werden. Der Kartoffelkäfer ist heute weltweit verbreitet. Seine amerikanische Heimat lag im US-Bundesstaat Colorado; im Amerikanischen wird der Kartoffelkäfer daher auch „Colorado beetle“ genannt. Die Hauptnahrung für Käfer und Larve ist die Kartoffelpflanze. Binnen kürzester Zeit werden ganze Felder leer gefressen.
In Strodehne wurden, von den Lehrern, ganze Schulklassen zum sammeln mobilisiert.
Wer privat sammelte, bekam relativ viel Geld für die Käfer, die im Rathaus abgegeben wurden. Im Flur stand ein großes Teerfass, dort wurden sie hineingeschüttet und vermutlich vergiftet. Beim sammeln, im Marmeladenglas,  zählte man die Käfer, die man fand. Bei der Abgabe wurde jedoch geschätzt. Wenn die Eigenangabe nicht übertrieben war, wurde sie akzeptiert und das Geld ausbezahlt. In der Schule wurde uns vermittelt, dass die Amerikaner den Coloradokäfer als Kampfmaßnahme per Flugzeugabwurf bei uns „eingeführt“ hätten. Das war wohl eine DDR-Propaganda gegen den Westen. Denn tatsächlich fand man die ersten Käfer um 1877 in Deutschland.

Erinnerung an Albert Michaeel

Albert Micheel war in den 1930er Jahren zwangspensionierter Lehrer und wohnte in Strodehne. Er hatte mit seiner Frau zusammen einen kleinen Kolonialwarenhandel neben der Schule, gegenüber des Kriegerdenkmals.
Er war Stammgast in den drei Strodehner Gaststätten Heinrich, Steffen und Milatz und hatte einen gesunden Durst.
Wenn er dann in vorgerückter Stunde den Heimweg antrat, wusste er so manches mal kaum wo er langgehen musste, um nach Hause zu kommen. Mein Vater, Erich Friesike, war mit  Martin Plaue, Vater von Gerd Plaue, d.h. Bruder von Irma Ziemann, befreundet. Als eines nachts der Martin auf dem Heimweg war, hörte er aus der Ferne Hilferufe. Er ging der Stimme nach und kam zur Ablage im Kleindorf. Das Wasser der Havel stand relativ hoch, so dass die Wassertiefe an der Ablage schon fast zwei Meter betrug. Unter der alkoholischen Einwirkung war der Albert von der Richtung abgekommen und dabei von der Ablage ins Wasser gefallen. Auf Zehenspitzen konnte er gerade noch aus dem Wasser schauen. Der Martin holte den Werner Euen und meinen Vater aus dem Bett. Am Havelufer befand sich ein Kahn, der an einem Anker angeschlossen war. In der Not wurde der Anker mit Kette in den Kahn gelegt und der Albert aus dem Wasser gezogen. An Land gekommen, machte sich der Albert ohne Dank rasch aus dem Staub.
Ein anderes mal mussten sie den Albert von Heinrichs aus nach Hause schleppen, weil er nicht mehr stehen konnte. Weil Haus und Hoftor verschlossen waren, warfen sie ihn einfach über das Hoftor.
Als er mal bei Heinrichs zur Toilette musste, verwechselte er sein Bedürfnis, anstatt vorn ging der Schuss nach hinten los. Ich habe umdisponiert, war seine Meldung und  verschwand rasch nach Hause.
Seine Tochter war in Berlin verheiratet. Sie hieß Pflüger und hatte einen Sohn, mit dem sie ab und zu im Sommer in Strodehne war. Der Junge war 10 bis 12 Jahre alt.
Unsere Fähre stand an der Badestelle im Kleindorf, weil sie wegen der neugebauten Brücke verkauft werden sollte. Für die Schwimmer war es ein herrliches Sprungbrett in die Fluten. Mit Anlauf rannte man durch die Fähre um möglichst weit ins Wasser zu springen. Als der Junge das sah, machte er es sofort nach, rannte durch die Fähre und sprang ins Wasser. Leider konnte er nicht schwimmen. Als ein paar junge Burschen sahen, wie er im Wasser  mit den Armen schlug, merkten sie dass er gar nicht schwimmen konnte und retteten ihn.

Haus Micheel

Haus Micheel

Vor einigen Jahren wollte Edeltraut geb. Freiberg, Schulkameradin von mir, das Haus kaufen und ein Cafe-Stübchen einrichten. Leider hat sich das wohl zerschlagen.

Prominenz in Strodehne

Im August 2011 hatten wir, mit dem Wohnmobil, Strodehne eine Stippvisite  abgestattet. Wir hatten das Fahrzeug gerade an der Havel, gegenüber des Hauses Steffen, abgestellt, sah ich Ralf und Ulrike Schwuchow mit dem Spannseil an der Straße zum Kleindorf stehen.

 

 

 

 

Sofort erkannte ich, dass hier eine Hochzeitskutsche vorbei kommen müsste. Diese Zeremonie kannte ich aus meiner Kindheit.
Ich begrüßte die beiden. Tatsächlich kam nach einigen Minuten der Akki Kühn mit seiner Prunkkallesche mit zwei tollen Pferden davor, er mit Frack und Zylinder, im Fond ein Hochzeitspaar aus Berlin.

 

 

 

Der Ralf lud uns dann zum Sektempfang der Hochzeitsgesellschaft auf dem Strodehner Festplatz ein. Bei dem Brautpaar handelte es sich um ein Ärztepaar aus der Berliner Charité, die in Strodehne ein Ferienhaus besitzen. Etwa 200 Gäste kamen aus der Kirche zum Sektempfang. Wir konnten einige Bekannte begrüßen. Dabei lernte ich auch die Neustrodehner Sissy von Westphalen und Ihren Mann kennen. Nach einiger Zeit traute ich meinen Augen nicht :  „Der Landarzt“  Wayne Carpendale war auch Gast der Gesellschaft. Nun war mir klar, wem der anthrazitfarbene Porsche mit Münchener Kennzeichen, gehörte, den ich bei unserer Ankunft am Straßenrand stehen sah.
Schön fand ich auch, dass der Wolfgang Schwuchow das Paar zu einer Rundfahrt mit dem Motorboot einlud.
Schöne Erinnerung an Strodehne.


 Schwarzschlachtung

Auf den Bauernhöfen war es Tradition, dass zur Versorgung der Familie und den Hilfskräften auf dem Hof, etwa zum Jahreswechsel, ein oder mehrere Schweine oder Rinder geschlachtet wurden. Die Schlachtung fand, durch einen Hausschlächter, im Hof und in der Waschküche statt. Fleisch wurde gepökelt oder in Gläser eingemacht.

Wurst und Schinken kamen in die Räucherkammer, die sich im Haus auf dem Dachboden befand. Wurst wurde auch in Dosen konserviert. Um die Dosen zu verschließen, gab es im Kolonialwarenhandel Schweighoffer, wir Kinder nannten ihn Mauschi,  eine kleine Konservendosen-Verschließmaschine mit Handkurbel, mit der man die Deckel auf die Dosen bördelte und verschloss.
In der sowjetisch besetzten Zone (SBZ), später DDR, nach dem zweiten Weltkrieg, durfte man nur noch mit Genehmigung der Behörde, d.h. Schlachtschein, schlachten.
Diesen Schein bekam man aber erst, wenn das auferlegte Jahresablieferungssoll an Naturalien, erfüllt war. Weil die Sollzahlen überhöht waren und man die Vorgaben u. U. wegen Witterungseinflüssen, oder Tiererkrankungen etc.  nicht erfüllen konnte, gab es keinen Schlachtschein.
Frei war die Haltung von Federvieh, d.h. Gänse und Enten. Es blieb also nur die Möglichkeit, viel Federvieh zu halten, um etwas auf den Tisch zu bekommen.
Hühner standen auch unter Kontrolle, denn es mussten ca. 5000 Eier pro Jahr abgeliefert werden.
Durch die permanenten Viehzählungen, war unter Androhung harter Strafen, riskant, ein Stück Vieh zu verstecken, damit es die, ohne Anmeldung, erscheinenden Viehzähler nicht bemerkten oder gar fanden.
Unserem Vater war es nun gelungen, ein Schwein im Gänsestall hinter Strohballen, der Viehzählung zu entziehen.
Als das Schwein schlachtreif war, wurde es eines Nachts auf einen Pferdewagen geladen und in Eile über die Havelbrücke zum Aussiedlerhof Baumbach (heute Gratzke, Enkel von Erich Baumbach) gefahren. Der Erich Baumbach war ein guter Freund unseres Vaters. Am darauffolgenden Sonntag fand man sich in aller Frühe dort ein, um das Schwein schwarz zu schlachten, und zuzubereiten.
Mit meinem Spielkameraden, Gerd Plaue, war ich oft im Brückenbereich, oder auf unserer Havelwiese im Buschwerk,  jenseits der Havel, unterwegs. Häufig zog es uns dann auch zur Familie Baumbach, weil es dort u. U. ein Stück Sonntagskuchen gab. An diesem „Schlachtsonntag“ waren wir wieder unterwegs und dem Gerd fiel ein, wir könnten uns doch bei Baumbachs ein Stück Kuchen abholen.
Ich hatte alle Mühe, den Gerd, von diesem Vorhaben abzubringen, denn sonst hätte er ja mitbekommen, was dort abging. So musste man sich bemühen, um dem Druck in der DDR stand zuhalten. Eine böse Zeit.

 Ein Bericht der LPG in StrodehneViehzuchtbrigade K. trug dazu bei, dass der MTS-Bezirk Rhinow seine tägliche Auflage erfüllen konnte. (nicht nur 2980, sondern 3742 Einheiten im Durchschnitt). Sie haben in Strodehne nicht etwa einen weichen Plan, sondern da herrscht Ordnung. Die Viehweiden werden durch die Feldbrigade gedüngt und nach dem Umtrieb kommt die Koppelbaubrigade und bringt die Zäune in Ordnung. So etwas wie in Kietz von 50 Kühen wurden nur 4 gedeckt, kommt hier nicht vor. Man will den Staatsplan mit 214 dt und beim Rind auf 257 dt über erfüllen und ein Trächtigkeitsergebnis von 97% erreichen und kämpfen um den Titel „Brigade der sozialistischen Arbeit“.Genosse Sch. von der SED-Kreisleitung sprach mit der Strodehner Melkerbrigade: Wie steht es ist mit der Disziplin und dem Alkohol? Kollegin D. sagte: „ Nun sag schon Otto, die wissen doch alles“ und O. P. erzählte, dass er wegen dem Teufel „Alkohol“ vom Rad gefallen sei und viele Wochen lang seiner Arbeit nicht nachgehen konnte. „Ich trinke ja auch, aber zur Arbeit bin ich immer da“ meinte Kollege Z. und betonte wenn er getrunken hat, werden die Kühe nicht ausgemolken. Die Kollegin W. und E. L. erkannten im Laufe der Aussprache ihre Fehler und brachten zum Ausdruck, dass sie sich bemühen wollten das Trinken vor der Arbeitszeit zu unterlassen. Kollege M. sagte alle Mitglieder der Brigade sind in Ordnung; Z.: bloß der E. verpasst leider noch das Aufstehen. Er müsste  einen Wecker mit Bettumschmeißer haben.


Elektrotechnik auf dem Bauernhof um 1950Im Nachbarort Gülpe lebte ein selbständiger „Dorfelektromeister“ namens Zacharias, der sich um die Belange bzw. Erneuerungen auf den Bauernhöfen kümmerte.Als meine Mutter in den ersten Nachkriegsjahren ihren ersten Elektroherd bekam, musste hierzu eine separate Leitung vom Zähler bis zum Herd verlegt und angeschlossen werden. Dies wurde vom Elektromeister Zacharias aus Gülpe ausgeführt. Der Herd hatte damals drei Stahlkochplatten mit langen Kontaktstiften, die von oben in das Herdoberteil eingesteckt wurden, damit sie im Reparaturfall leicht gewechselt werden konnten. Der Backofen hatte eine Klapptür und war mit jeweils getrennt schaltbarer Ober- und/oder Unterhitze ausgestattet.Im Hof gab es einen transportablen Elektromotor, der auf einer dicken Bohle mit vier kleinen Rädern, montiert war. Zur Mäßigung des hohen Anlaufstromes ( 6 bis 8 fach) war auch zum anlassen, ein Stern-Dreieck-Schalter auf der Bohle installiert.

Ähnlich wie auf diesem Foto sah es bei uns aus

Weiterhin war der Motor mit einem langen Anschlusskabel, mit Gussstecker versehen. Das Kabel mochte wohl 20 bis 30 m lang gewesen sein. Dieser Motor wurde für mehrere Antriebszwecke im Hof genutzt.Das waren, die fest eingebaute Dreschmaschine in der Scheune, die geliehene transportable Dreschmaschine im Hof, das mobile Heugebläse an verschiedenen Stellen im Hof, die Hexelmaschine und die Schrotmühle in der Scheune oder die Kreissäge im Hof zur Brennholzzerkleinerung. Die Kraftübertragung erfolgte über gespannte Flachriemen, die zur Drehrichtungsänderung in bestimmten Fällen auch mal gekreuzt liefen. Für die Anschlussmöglichkeit im Hof befand sich neben dem Scheunentor eine gusseiserne Steckvorrichtung, die dann ja nach Bedarf auch mit Verlängerungskabeln mit Gusssteckern erreicht werden konnte.In den Ställen waren mehrere Beleuchtungsbrennstellen installiert. Im Keller gab es eine elektrische Kolbenpumpe zur Trinkwasserversorgung. Ein großer Vorratskessel wurde gefüllt und unter Druck gesetzt, damit das Wasser per Druck in die Küche, Waschküche und den Viehtränken befördert werden konnte. Für all diese Dinge wurde im Störungsfall der Meister Zacharias aus Gülpe gerufen.Während der Erntezeit gab es einmal einen Störungsfall im Hof. Telefon hatte man nicht, so dass man per Fahrrad nach Gülpe musste um Hilfe zu rufen. Auch ich wurde mit 11 Jahren mit dem Rad nach Gülpe geschickt. Beim Galberg musste man die Kehle am vorhandenen Wehr auf einem schmalen Steg überqueren. Damit ich nicht mitsamt dem Fahrrad ins Wasser plumpsen wollte, half mir jemand von der Fischerei Schröder hinüber. Der Meister Zacharias reiste dann mit einem klapprigen Motorrad mit der Werkzeugtasche an und die Arbeit im Hof konnte weiter gehen.Nach unserer Flucht aus der DDR traf ich nach meiner Lehrzeit als Elektroinstallateur im Jahre 1959, auf einer AEG-Baustelle in Mannheim-Waldhof einen Monteur namens Sosna. Er stammte aus Rathenow und war Elektromeister. Auch er war geflohen und arbeitete vorübergehend bei der AEG um dann im Raum Pirmasens ein Elektrogeschäft zu übernehmen. Er erzählte mir, dass er in den fünfziger Jahren die Havel-Insel bei Gülpe mit elektrischem Strom versorgt hatte. Auf der Insel gab es den einzelnen Bauernhof, den Hünemörder-Hof, der zuvor mit Petroleumlampen und Dieselmotor von Deutz betrieben wurde. M. w. wurde der Hünemörder-Hof auch mal von einem Richard Friesike betrieben.


Der Tresor

Wie bereits zum Thema Erneuerbare Energien beschrieben, lieferten Strodehner Bauern, riesige Heumengen an das Militär in Berlin. Das Heu wurde geerntet und mit Hand in Schiffe verladen, die es nach Berlin transportierten. Die Bezahlung der Lieferungen erfolgte seinerzeit in bar.
Mein Urgroßvater Albert Friesike ( 1850-1924) , dessen Bild, mit meiner Urgroßmutter Emilie geb. Gericke ( 1850 – 1940 ), im Flur der Gaststätte Heinrich,  Stadt Berlin, hängt, war seinerzeit Kassenverwalter. Er bekam das Geld von den Auftraggebern und hatte die Aufgabe es zu verteilen. Weil da Bargeld in größeren Mengen hantiert wurde, hatte er sich einen Tresor angeschafft.Diesen Tresor gab es in meiner Kindheit noch in unserem Haus. Weil es in der Nachkriegszeit nur wenig Geld gab, hatte meine Mutter den Tresor zweckentfremdet und ihn zur Aufbewahrung von Gewürzen und Backzutaten verwendet.Wer diesen Tresor nach unserer Flucht 1953 wegtransportiert hat, ist nicht bekannt. Vielleicht konnte ihn die LPG-Verwaltung als Kassenschrank nutzen.

Anmerkung von Gerd Hollander:

In dem ehemaligen Büro des Bürgermeisters, Großdorf 25, stand 1995 noch ein Tresor. Heute steht dieser Tresor im Gemeinehaus. Anhand eines Fotos bestätigt Herr Friesike, dass es sich um den Tresor handelt von dem er oben geschrieben hat.