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Zur Geschichte Strodehnes

Autor: Michael Ritz (2009)

Strodehne, liegt 10 km westlich von Rhinow. Der Ort ist ein Doppeldorf, bestehend aus dem Runddorf Klein Strodehne (Kleindorf) im Norden und dem Straßendorf Groß Strodehne (Großdorf) mit der Kirche im Süden. Das Kleindorf ist die ursprüngliche Siedlung, die archäologisch seit dem 9./10. Jahrhundert bezeugt ist. Strodehne wurde urkundlich erstmals im Jahre 1378 als „Tylen Strodene“ erwähnt.

In alter Zeit wurde der Ort „Stortdene“ und „Stroddene“ genannt, vermutlich nach der wendischen Frühlingsgöttin Stodo oder Stor. Im Jahre 1441 erhielten die Herren von der Hagen, in deren Besitz das Dorf bis ins 20. Jahrhundert blieb, den Ort zum Lehen. Ein eigenes Rittergut besaß Strodehne nie. Über Jahrhundert waren die 25 Pachthufen in den Händen von 23 Bauern und 14 Kossäten. Von einigen Höfen wurden 1492 durch Albrecht von der Hagen gewisse Hebungen dem Havelberger Domkapitel verpfändet.

Das die Strodehner Feldmark oft vom Hochwasser gezeichnet war, ist angesichts ihrer Lage verständlich. Um Schäden durch Überschwemmungen zu verhindern sind über die Jahrhunderte Deichanlagen errichtet und seit dem 19. Jahrhundert Meliorationsarbeiten durchgeführt worden. Besonders starke Hochwasser suchten Strodehne in den Jahren 1827, 1854, 1926, 1940 und 2002 heim.

Als außergewöhnliches Schreckensjahr blieb den Strodehner, das Jahr 1855 lange Zeit in Erinnerung. Im März des Jahres stieg das Wasser bedrohlich an und überschwemmte das Buten- und Binnenfeld. Aufgrund der eisigen Temperaturen gefroren die Wassermassen. Als sich am 18.3 des Jahres ein starker Sturm erhob, brachte er die Eismassen in Bewegung. Im Dorf wurde eine Büdnerstelle vom Eis zerstört. Das größte Unglück traf jedoch die Bewohner des Vorwerks Scheunstelle. Hier wurden vier Wohnhäuser und einige Ställe zerstört. Die Bewohner befanden sich in größter Lebensgefahr und konnten nur mit größter Kraftanstrengung gerettet werden.

Feuerbrünste brachten weitere Zerstörung, Not und Gefahr für das Dorf und seine Bewohner. Im Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort 1640 durch schwedische Truppen in Brand gesetzt und samt der Kirche völlig vernichtet. Während des Großbrandes am 8.5.1789 wurden die Kirche und das Großdorf erneut eingeäschert. Bei diesem Brand fielen auch die gesamten alten Unterlagen des Pfarrarchivs den Flammen zum Opfer. Deshalb ist es heute schwer historisches aus der Zeit vor 1789 in Erfahrung zu bringen.

Im Jahre 1827 suchte eine erneute Feuerbrunst Dorf und Kirche Heim. Mit dem Übergang zu feuerfesteren Baumaterialien, wie Ziegeldächer statt Rohrdächer, breiteten sich seit dieser Zeit entstandene Brände nicht mehr so stark aus. In den Jahren 1884-1898 kam es zu mehreren Bränden die durch Brandstiftung entstanden sind. Ein ortsansässiger Maurer versuchte sich durch diese Aktivitäten Aufträge zu sichern um sich selbstständig zu machen.

Nachdem die Kirche im Laufe der Geschichte mehrmals ein Opfer der Flammen wurde, ließ man das alte Kirchenschiff 1902/03 jedoch aufgrund seiner Baufälligkeit und des Platzmangels abreißen und ein neues Kirchenschiff errichten. So ist die Kirche heute ein neuromanischer Backsteinbau. Im Verhältnis zu ihrer Größe ist der verputzte Westturm, der noch vom Vorgängerbau stammt recht niedrig. Die rundbogigen Fenster des Kirchenschiffs besitzen ein dreiteiliges Maßwerk. Den Innenraum überwölbt eine trapezförmige Holzdecke. In der halbrunden Apsis sind drei sehr schöne farbige Fenster aus der Entstehungszeit erhalten. Sie wurden vom damaligen Pfarrer Emil Bree gestiftet.

Weiterhin sind das Denkmal zum Erinnerung an die Schiffer und Fischer auf dem Wasserwanderrastplatz, die Bockwindmühle auf dem Gahlberg sowie das Klinkerensemble des Kleindorfes sehenswert.

Abschließend noch einige Betrachtungen zur Dorf- und Bevölkerungsentwicklung. Hatte Strodehne im Jahre 1800 447 Einwohner so stieg diese Zahl bis 1900 auf ca. 880 an. Nach dem Zweiten Weltkriege, war auch unser Dorf mit Flüchtlingen gefüllt und die Zahl der Einwohner stieg kurzeitig auf fast 1000 an. Seitdem schwindet die Zahl der Einwohner kontinuierlich. Derzeit Leben 240 Menschen im Dorf. Die Bevölkerungsentwicklung sowie die gesamte historische Entwicklung haben auch Einfluss auf die Gewerbestruktur und das kulturelle Leben im Dorf genommen. Im einen Zeitzeugenbericht über die 1920er Jahre heißt es: „Alles was die Menschen zum Leben brauchten gab es im Ort: mehrere Fischer, Lebensmittel- und Kolonialwarenläden, Stellmacher, Müller, Schuhmacher, vier Gaststätten einen Bäcker, Fleischer, Schmied, eine Schule und eine Post.“ Im Laufe der Zeit ist ein Großteil der Betriebe und Einrichtungen eingegangen. Die Schule wurde im Jahre 1971 geschlossen. Heute gibt es u. a. noch einen Tischler, einen Fischer und eine Gaststätte, eine Agrargenossenschaft und einige private Landwirte im Dorf.

Dass die Strodehner schon immer tüchtig zu feiern wussten, davon berichten viele Anekdoten. Fester kultureller Bestandteil im heutigen Jahreslauf sind der Feuerwehrball, das Oster- und Oktoberfeuer, das Sportfest zu Pfingsten, die Sommerkonzerte des Kunsthauses Gahlberg, das Havelfest am letzten Juliwochenende, der Weihnachtsmarkt sowie das Weihnachtssingen in der Kirche. Zu diesen Feierlichkeiten laden die verschiedenen Vereine des Dorfes ein.

Der historische Wandel wird auch an der Sozialstruktur deutlich. War Strodehne einst ein von Schiffern- und Fischern geprägtes Dorf, so wurde im 20. Jahrhundert die Landwirtschaft zum dominierenden Faktor im Dorf. Diese ist auch heute noch  prägend, dennoch veränderte sich das Dorf hin zu einem Künstlerort und einer Wochenendwohnstätte für Berliner. So finden sich unter den Strodehner Einwohner neben vielen Hauptstädtern die hier die Ruhe suchen, freischaffende Künstler, das Kunsthaus Gahlberg und renommierte Maler wie Prof. Bernhard Heisig (†) und  Prof. Diehl.

Insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten ist der Wandel im Dorfbild und in den Lebensverhältnissen besonders stark vorangeschritten. Zu den Errungenschaften in dieser Zeit zählen die bessere verkehrstechnische Erschließung des Dorfes durch die 1999 eingeweihte Brücke, die Erneuerung sämtlicher Straßen, die Sanierung vieler Gebäude und der Anschluss an die Medienträger Telefon (1992) und Breitbandinternet (2010).

Seit der Gemeidegebietsreform 2003 ist Strodehne keine eigenständige Gemeinde mehr, sondern gehört, wie Spaatz, Wolsier, Prietzen, Gülpe und Parey, zur Gemeinde Havelaue. Bereits zwei Jahre zuvor fusionierte auch die bis dahin eigenständige Kirchengemeinde des Dorfes mit den Kirchengemeinden Rhinow, Stölln, Schönholz, Prietzen und Gülpe zur evangelischen Kirchengemeinde Rhinower Ländchen.